Schwedische Regierung gescheitert: Für Neuwahlen kämpfen!

Die diskreditierte sozialdemokratisch geführte Regierung des schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven wurde am 21. Juni 2021 durch ein Misstrauensvotum im Parlament gestürzt. Am 28. Juni trat Löfven zurück und steht der Bildung einer neuen Regierung zur Verfügung. Die Linkspartei muss jetzt für schnelle Neuwahlen kämpfen und sich auf ein sozialistisches Programm stützen.


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Einschränkungen des Streikrechts, Steuersenkungen für Reiche, verschlechterte Beschäftigungssicherheit, mehr Polizei und schärfere Repression, mehr Angriffe auf Flüchtlinge und vieles mehr – das ist die Bilanz der rot-grünen Regierung von Stefan Löfven (Sozialdemokratische Arbeiterpartei Schwedens). Am 21. Juni wurde sie richtigerweise durch ein Misstrauensvotum der schwedischen Linkspartei zu Fall gebracht, denn die Regierung wollte Marktmieten einführen. Dadurch würde die staatliche Preiskontrolle von Mieten beendet und Vermietern erlaubt werden, die Mieten eigenständig festzulegen.

Die Wahl zum schwedischen Reichstag von 2018 brachte eine rechte Mehrheit im Parlament hervor. Die bürgerlichen Parteien waren in der Frage der Zusammenarbeit mit den rechtsradikalen Schwedendemokraten gespalten. Nach viermonatigen Verhandlungen erhielten die Sozialdemokraten und die Grünen die Unterstützung der Liberalen und der Zentrumspartei (bekannt für ihre gewerkschaftsfeindliche und arbeiterfreundliche Politik), weil sie ein rechtes Regierungsprogramm unterbreiteten, das Angriffe gegen die Arbeiterklasse vorsah.

Die Einigung, die im Januar 2019 erzielt wurde, ist als „Übereinkunft der Mitte“ bekannt. Darin wurde in einer Klausel festgehalten, dass die Linkspartei von jeglichem Einfluss ausgeschlossen werden solle. Gleichzeitig hatte „Übereinkunft der Mitte“ aus vier Parteien keine Mehrheit im Parlament und war daher auf die Zustimmung der Linkspartei angewiesen, um an die Macht zu kommen.

Trotz der geplanten Angriffe gegen die Arbeiterklasse und des Ausschlusses von jeglichem Einfluss, ließ die Linkspartei die Regierung schließlich doch durch, mit dem Argument, die Alternative sei schlimmer. Sie drohte aber auch direkt: Sollte die Regierung die Beschäftigungssicherheit angreifen oder Marktmieten einführen, würde sie sie durch ein Misstrauensvotum zu Fall bringen.

In der Frage der Beschäftigungssicherheit lenkte die Linkspartei schließlich ein. Sie folgte dem Beispiel der großen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und der Metallarbeiter, die eine Aufweichung billigten. Aber in der Frage der Marktmieten konnte sie nicht auch noch zurückweichen.

Wie man die Rechten (nicht) bekämpft

Bei der Wahl 2018 versprachen die Sozialdemokraten, keine Marktmieten einzuführen, denn diese würden die Mieten für alle 3 Millionen Mieter in Schweden erhöhen. Dieses Versprechen war nach der Wahl schnell vergessen, als Sozialdemokraten Unterstützung bei den bürgerlichen Parteien suchten.

Für den Sturz der Regierung, musste sich die Linkspartei auf die Unterstützung des rechten Blocks stützen: Die Moderaten (die traditionelle konservative Partei), die rassistischen Schwedendemokraten und die Christdemokraten. Diese Parteien versuchen, aus der Unzufriedenheit über Arbeitslosigkeit, Kriminalität, die Krise des Gesundheitswesens und der Altenpflege und so weiter zu profitieren. Sie versuchen, die Folgen der kapitalistischen Krise und der Austerität auszunutzen, um mehr Stimmen zu gewinnen und eine noch härtere Sparpolitik durchzusetzen.

Eines der Hauptargumente der „Übereinkunft der Mitte“ war das geringere Übel: Eine Regierung aus der reaktionären Triade (vor allem die Schwedendemokraten) sollte verhindert werden. Das Ergebnis dieser Strategie zusammen mit dem Ausverkauf der eigenen Arbeiterbasis ist, dass sich noch mehr Arbeiter enttäuscht dem rechten Lager zuwenden. In einer Meinungsumfrage unter Arbeitern des größten Gewerkschaftsbundes „Landsorganisationen i Sverige“ (LO) erhielten die rechten Parteien, einschließlich der Schwedendemokraten und der Zentrumspartei, zum ersten Mal einen größeren Stimmenanteil als die Sozialdemokraten, die Grünen und die Linkspartei zusammen.

In der gesamten Arbeiterbewegung sollten die Alarmglocken läuten: Wir können die Rechten nicht bekämpfen, indem wir deren arbeiterfeindliche Politik akzeptieren oder ausführen. Wir gewinnen nicht, indem wir versuchen, „verantwortungsvoller“ zu erscheinen, was in der heutigen politischen Sprache bedeutet, dass man bereit ist, seine Prinzipien an den Meistbietenden zu verkaufen.

In die Offensive gehen

In den sozialen Medien sind die Kommentare auf der Seite der Linkspartei und der Parteivorsitzenden Nooshi Dadgostar voll von Unterstützung: "War noch nie stolzer auf die Partei und ihren Vorsitzenden", "Danke, dass ihr den Kampf aufgenommen habt", "SO gut, dass die Linkspartei standhaft bleibt", sind Auszüge aus den beliebtesten Kommentaren auf dem Facebook-Post von Nooshi Dadgostar. Die Vorstellung, dass sich endlich jemand gegen die Angriffe der Rechten wehrt, hat enorme Begeisterung ausgelöst.

Die Linkspartei hat das Potenzial, diese Unterstützung und diesen Enthusiasmus zu nutzen, um für echte Veränderungen in die Offensive zu gehen. Aber das erfordert ein Programm, das dem heutigen Kapitalismus entspricht. Millionen Menschen auf der Welt sind vom Hunger bedroht. Hunderte Millionen haben inmitten einer Pandemie nicht einmal Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung. Eine Klimakrise bedroht die Zukunft der Zivilisation. Hier in Schweden gibt es einen massiven und wachsenden Mangel an Wohnraum, Massenarbeitslosigkeit und Armut. NGOs berichten von Alleinerziehenden, die im Gesundheitswesen arbeiten und trotzdem auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.

Die Probleme zeigen, dass es nicht ausreicht, als Stützpunkt zu fungieren oder zu versuchen, Einfluss auf einen Haushalt zu nehmen, der im Grunde genommen arbeiterfeindlich ist. Im besten Fall bedeutet dies, passiv zu akzeptieren, dass die Situation immer schlimmer wird.

Wie die vielen kleinen Demonstrationen (von denen viele den Namen "Revolt" annahmen) vor der Pandemie gezeigt haben, mangelt es nicht an Kampfbereitschaft. Es gärt überall unter der Oberfläche. Das Problem ist, dass es keine kämpferische Alternative aus der politischen Linke gegeben hat, die in der Lage gewesen wäre, diesen Kampfgeist gegen die Politik der Regierung zu kanalisieren und zu bündeln.

Daher muss die Entscheidung, die Regierung zu stürzen, der Beginn eines radikalen Wandels in der Politik der Linkspartei sein. Ein sozialistisches Programm für wirkliche Veränderungen würde Zehntausende von Menschen inspirieren, die wiederum andere inspirieren würden. Ein revolutionäres Programm, das den Weg aus dem Elend des Kapitalismus zeigt, wäre die notwendige Basis für eine kämpfende Arbeiterbewegung.

Für ein kämpferisches sozialistisches Programm

Leider weisen alle Äußerungen der Vorsitzenden der Linkspartei, Nooshi Dadgostar, in die entgegengesetzte Richtung. Auf einer Pressekonferenz betonte sie immer wieder, dass Stefan Löfven erneut Ministerpräsident werden, aber auf Marktmieten verzichten solle. Das wirft die Frage auf, ob die Parteiführung der Linkspartei die anderen 72 Programmpunkte der abgesetzten „Übereinkunft der Mitte“ für akzeptabel hält. Nooshi Dadgostar betonte besonders die Notwendigkeit, „miteinander zu sprechen, zu verhandeln und die Situation zu lösen“ und so weiter. Sie sprach warmherzig über die Fähigkeit der Linkspartei, mit ihrer eigenen Politik „Kompromisse zu machen“.

Anstatt mit dem Status quo scharf zu brechen und Bereitschaft zu zeigen, für Veränderungen zu kämpfen und die einzige Partei auf der Seite der Arbeiter zu sein, bemüht sich die Linkspartei, genauso zu klingen wie jede andere Partei. Schlimmer noch, die Partei scheint eine fortgesetzte Zusammenarbeit mit der rechten sozialdemokratischen Führung, den Grünen und sogar der Zentrumspartei vorzubereiten. Eine solche Zusammenarbeit kann nur auf der Grundlage eines rechten Programms stattfinden.

Die Führung der Linkspartei zielt auf eine Beteiligung an der „Übereinkunft der Mitte“ ab, dabei war ihr Ausschluss aus dieser Koalition, das Einzige, was es ihr ermöglicht hat, seit der Wahl 2018 zumindest teilweise wie eine Opposition zu agieren. Bisher scheitert die Beteiligung der Linkspartei daran, dass die Zentrumspartei nicht mit dieser in eine Regierung will. Bei einer Wahl anzutreten und auf eine Zusammenarbeit mit der Zentrumspartei abzuzielen, bedeutet, sich auf die Ausführung von Angriffen gegen die Arbeiterklasse vorzubereiten.

Natürlich würden wir auch gerne eine linke Regierung sehen. Aber wir wollen eine linke Regierung, die ein sozialistisches Programm umsetzt. Die sozialdemokratischen Regierungen, oft mit Unterstützung der Linkspartei, haben es geschafft, mit den Sparmaßnahmen in den letzten Jahrzehnten, die Grenzen zwischen links und rechts fast völlig zu verwischen. Damit haben sie es sogar geschafft, die Schwedendemokraten in den Augen vieler Menschen als arbeiterfreundlich erscheinen zu lassen! Der Kampf für eine politische Alternative muss damit beginnen, den Unterschied zwischen einem sozialistischen Programm und der Austerität, die in den letzten Jahrzehnten umgesetzt wurde, deutlich zu machen.

Anstatt zu versuchen, verschiedene Kompromisse und Blöcke im gegenwärtigen – von der Rechten dominierten – Parlament zu finden, muss die Linkspartei für eine Neuwahl kämpfen. Es gibt keinen Grund, dass wir ein weiteres Jahr unter der gegenwärtigen rechten Mehrheit aushalten sollten. Aber um Erfolg zu haben, reicht es nicht aus, nur um eine Frage zu kämpfen. Wir müssen alle Angriffe des „Übereinkunft der Mitte“ und die Austerität der vergangenen Jahrzehnte ins Visier nehmen. Wir müssen mit einem sozialistischen Programm gegen alle Schrecken des Kapitalismus in die Offensive gehen: die Kürzungen, die Massenarbeitslosigkeit, die Armut und die Klimakrise.

Nur ein sozialistisches Programm kann für die Menschheit einen Weg in die Zukunft bieten. Der Sturz der Löfven-Regierung war nur der erste Schritt.

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